Wolfgang Maaßen: Der geheimnisvolle Philipp von Ferrari

Wolfgang Maaßen: Der geheimnisvolle Philipp von Ferrari

Chronik der Deutschen Philatelie, Sonderband 12, Format 21 x 28 cm, Hardcover mit Fadenheftung, 500 Seiten, ca. 700 meist farbige Abbildungen, © Schwalmtal 2017, ISBN 978-3-932198-06-9

Zum Inhalt:
Philatelist, Philanthrop und Kosmopolit
Kann man 500 großformatige Seiten über eine Person schreiben? Über einen Philatelisten, dessen Name und Leben jeder Sammler zu kennen glaubt? Eine Biografie, die dennoch in jedem Kapitel und auf nahezu fast jeder Seite Neues und Unbekanntes präsentiert, mehr als 100 Jahre Geschichtsschreibung korrigiert und vieles ans Licht bringt, was bisher im Dunklen verborgen war? Ja – man kann, wie der bereits durch zahlreiche Werke philateliegeschichtlicher Art ausgewiesene Autor unter Beweis stellt.

Ihm ist es gelungen, ein neues, ein weit umfassenderes Bild jenes legendären Sammlerkönigs Philipp von Ferrari zu zeichnen, als dies je ein anderer vor ihm zu leisten vermochte. Möglich machten dies bislang unerschlossene Funde in privaten und staatlichen Archiven in Berlin, Bern, Wien, London, Genua, aber auch zahlreiche Vor-Ort-Recherchen in verschiedenen Ländern. Daraus entstand ein Buch, das dem Ansatz der „social philately“ folgt, das die Person und dessen Leben auf dem Hintergrund der Gesellschaft seiner Zeit, der Politik und Wirtschaft, aber auch seiner Familie wieder entstehen lässt und verblüffende Konturen zeichnet.
Zwei ehemals bekannte unvorstellbar reiche Adelsfamilien – die der De Ferrari und die der Brignole Sale, deren Andenken heute noch in Genua überall lebendig ist – sind die von Ferrari empfundenen Schatten, die sein Leben begleiten. Seine frühen Kindheit, die Schul- und Studienzeit, eine bisher weitgehend unbekannte langjährige Berufs- und Dozentenzeit wird an authentischen Dokumenten nachgewiesen, ebenso seine Auseinandersetzungen mit dem herrisch-kalten Vater, die Nähe zur Mutter und die Ablehnung von Reichtum, Adel und Titel. Ferrari als junger Revoluzzer? Genau dies war er, jemand, der gegen die Gesellschaft seiner Zeit protestierte und sich – als er begriff, dass er sie nicht zu ändern vermochte – aus ihr bis zur Unkenntlichkeit seiner eigenen Identität zurückzog. Hin zu seinen geliebten Sammlungen, deren Entstehung und Ausbau der Autor detailliert beschreibt. So entsteht ein Bild eines leidenschaftlich Getriebenen, dessen eigene persönliche Orientierung ihn einerseits aus der Gesellschaft ausschließt, der aber andererseits in Liebe zu den Menschen zunehmend mehr zu einem Philanthropen und Kosmopoliten wird. Der diverse Staatsangehörigkeiten, Land und Besitz in vielen Ländern erwirbt – und doch nirgendwo wirklich zu Hause ist.
Erstmalig werden Ferraris Kontakte zu namhaften Briefmarkenhändlern seiner Zeit beschrieben, aber auch hier mit der Auswertung vorhandener Originalkorrespondenzen illustriert. Überhaupt: Die Auswertung der noch auffindbaren Quellen verblüfft. Dazu gehören Tageszeitungen des 19. Jahrhunderts ebenso wie amtliche Verträge, Testamente und Vereinbarungen, selbst Kaufverträge. Dass all dieses Material heute noch aufzuspüren war, hätte man sich kaum vorstellen können. Erst auf dieser Basis wurde es aber auch möglich, mit den Legenden und Märchen der Vergangenheit aufzuräumen, die überwiegend unstimmigen Darstellungen und „fake news“ früherer Zeiten zu enttarnen. Zahllose Fußnoten beinhalten diese Kritik, sie erleichtern damit aber auch den Lesefluss.
So entsteht das Profil eines völlig anderen Philipp von Ferraris, ein Bild, das man bis heute nicht kannte. Ergänzt durch Abbildungen aller Art, Originalfotos, Gemälde, aber auch durch Weltraritäten aus Ferraris früherer Sammlung, die manch einer wohl noch nie im eigenen Leben zu Gesicht bekam. Nicht wenige dieser Abbildungen werden erstmals in diesem Buch reproduziert.
Abschließende Kapitel sind Ferraris letzten Lebensjahren, seinem einsamen Tod, seinem Testament – dieses wird erstmals vollständig wiedergegeben! –, aber auch den Streitigkeiten um das Erbe zwischen den damals durch den Ersten Weltkrieg verfeindeten Staaten gewidmet. Die legendären Auktionen in Paris (1921–1925) und Zürich (1929) werden einzeln betrachtet und einmalige beispielhafte Stücke aus Ferraris Sammlung jeweils in Farbe abgebildet. Dass Ferrari Briefmarkensammler war, ist bekannt, welchen Umfang und Gehalt, letztlich auch vergleichbares Ende dessen Münzsammlungen fanden, wird ebenfalls und erstmalig geschildert. „The winner takes it all“, ist des Autoren Schluss, worin man ihm nur zustimmen kann.
Dem Autor ist mit diesem Buch, an dessen Vorbereitung er nahezu 20 Jahre gearbeitet hat, ein besonderer Wurf gelungen. Ein Werk, das sich gut und flüssig liest, das spannend ist, über weite Strecken fasziniert und viel über die Psyche von Sammlern aussagt, die ihr Leben in Liebe und Leidenschaft den Briefmarken geschenkt haben. Das Hardcover-Buch wurde in angemessener Weise ansprechend und großzügig gestaltet und erscheint in der Reihe „Chronik der deutschen Philatelie“ als Band 12. Denn Ferrari war seit 1903 – auch dies war bislang unbekannt – ein Deutscher!
Die Forschung des Autors und sein Buch wurden großzügig vom Präsidenten des Club de Monte-Carlo, Patrick Maselis RDP, sowie von den Auktionshäusern Heinrich Köhler in Wiesbaden und Corinphila Auktionen in Zürich gefördert. Beide Firmen hatten eine besondere Beziehung zum Sammlerkönig Ferrari, wie im Buch auch nachzulesen ist. Dass dieses Buch ein Geleitwort von Fürst Albert II. von Monaco enthält, dürfte auch in gewisser Weise einmalig sein, allerdings ist auch die Grimaldi-Familie den beiden Familien aus Genua, aus denen Ferrari stammte, seit Jahrhunderten verwandschaftlich verbunden gewesen. So schließt sich im 100. Todesjahr Ferraris der Kreis eines Lebens, das bis heute nichts von seiner Faszination verloren hat.


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Artikelnummer00009369000000